TAO Unternehmensberatung

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High Performance Teams. Ein kompakter Praxisbericht über charakteristische Merkmale

Wie bedeutsam – und zwar noch immer zunehmend – die Zusammenarbeit in Teams ist, das muss man nicht lange begründen. Zu offensichtlich und großteils auch längst bekannt sind die Argumente, die sich hier formulieren lassen. Unbestreitbar sind wir nach wie vor mit einem beeindruckenden Tempo an täglichen Wissenszuwächsen in tatsächlich allen Lebensbereiche konfrontiert. Schon nur flüchtig unternommene historische Vergleiche zeigen: Gab es im 16. und 17. Jahrhundert noch sogenannte „Universalgelehrte“, die das zu dieser Zeit vorhandene relevante „akademische“ Wissen so einigermaßen überblicken konnten, so ist heute schon alleine dieser Anspruch völlig haltlos. Die Digitalisierung in Verbindung mit dem Megatrend „Konnektivität“ ergibt eine Wachstumsdynamik an Informationsanhäufung, die eigentlich nicht mehr wirklich beschreibbar ist.

KonnektivitätTeamsOb dabei die Zunahme an Informationen zugleich auch einen Wissenszuwachs bedeuten, das ist allerdings absolut fragwürdig. Im hier behandelten Zusammenhang steht jedenfalls fest: Organisationen mit dem Anspruch potenziell verfügbares Wissen in Können und dieses wiederum in brauchbare Resultate in Hinsicht auf den jeweiligen Existenzgrund zu transformieren, können keinesfalls ohne die potenziellen Chancen und Vorteile von interdisziplinären Teams dauerhaft erfolgreich sein. Sowohl die tiefe Fachexpertise einzelner Personen, wie auch das disziplinübergreifende, breite Wissen von Generalist*innen ist zunehmend erfolgskritisch. Zusätzlich – und das sollte nicht außer Acht gelassen werden – benötigt es im Kontext der damit unverzichtbar gewordenen Mehrpersonensettings auch Personen mit moderationsmethodischem Knowhow und interpersonalen Kompetenzen, die dabei unterstützen, fokussierte Synergieeffekte als Voraussetzung für echte Teamerfolge auch tatsächlich erreichen zu können. Spezifische Kompetenzpotenziale Einzelner können nur in einem dafür nachhaltig günstigen sozialen Milieu in Verbindung mit den Wissensbeiträgen Anderer voll zur Entfaltung kommen. Diese Aussage scheint trivial, ergibt aber nicht zu unterschätzende Ansprüche, nicht nur an die einzelne Person, sondern besonders auch an die Organisation als soziales System. Tatsächlich alltäglich lässt sich feststellen, dass die Kooperationsfähigkeit der Menschen weitaus größer und komplexer ist, als die von uns etablierten Institutionen dies auch zulassen. Eine Vielzahl an gerade heutzutage aktuell gewordenen Methoden, ja ganzen „Betriebssystemen“ für Organisationen, die sich der Forderung größtmöglicher „Agilität“ annehmen, versuchen hier Abhilfe zu schaffen. Die Bedeutung des hier aufgeworfenen Themas ist enorm, das wird schon deutlich, wenn man sich nur vor Augen führt, dass als „Teams“ sowohl kleine Abteilungen als auch Vorstände von Konzernen bezeichnet werden können; aber auch projektbezogene Kooperationsverbände, teilautonome Fertigungs- oder Montagegruppen, ja mitunter sogar das Gesamt eines Unternehmens, wenn man an Organisationen denkt, bei denen die Anzahl der tätigen Personen entsprechend überschaubar ist. So unterschiedlich dabei die Entscheidungskompetenzen und der damit verbundene Wirkungskreis auch sein mag, überall dort gilt es diejenigen Bedingungen zu beachten, die eine erfolgreiche Kooperation in Hinsicht auf die gemeinsam übertragenen Arbeitsvolumen erst ermöglichen.

Welche Aspekte sind nun für das oben erwähnte günstige soziale Milieu charakteristisch? Dazu haben wir im Laufe unserer nun schon über 30jährigen Berufserfahrung als Berater*innen einige Beobachtungen gesammelt. Diese Beschreibungen, die wir (durchaus unsystematisch) immer wieder im Kontext von Teamentwicklungsaufträgen, Teamsupervisionen oder auch in immer wieder nötig gewordenen Mediationsprozessen entwickeln konnten, sollen hier kurz und bündig dargestellt und in eine logische Ordnung gebracht werden. Aus dieser praxisbezogenen Sammlung an Kategorien zur idealtypischen(!) Beschreibung von „High Performance Teams“ (HPT) ließ sich ein mittlerweile auch praktisch bewährter Selbsteinschätzungstest entwerfen, der eine erste diagnostische Annäherung erlaubt und so aufzeigen kann, welche Stärken es bewusst zu bewahren und „pflegen“ gilt und wo sich der eine oder andere kritisch zu beurteilende Handlungsbedarf zeigt.

Ziele und Ansprüche

 

Merkmalsbereich 1: Ziele und Ansprüche

* Sowohl inhaltliche, wie auch formale Zielsetzungen bzw. kollektive Ansprüche wurden in hohen Ausmaß gemeinsam entwickelt bzw. tradiert. Auf Basis dadurch ermöglichter hoher Tragfähigkeit und Akzeptanz der Ziele ergeben sich persönlich verankerte Anliegen, die engagiert vertreten werden.

Die Bedeutung klarer, gemeinsam getragener Zielvorstellungen ist vielfältig dokumentiert. Eine unüberschaubar gewordene Literatur zu diesem Thema verdeutlicht, wie essentiell jede Organisation in zunehmend komplex und dynamisch gewordenen Umwelten die Notwendigkeit reduzieren muss, jede Handlung einzelner Mitglieder immer wieder grundlegend neu durch Entscheidungen ausrichten zu müssen. So gilt es den Handlungsrahmen durch möglichst unmissverständliche Zielsetzungen zu definieren – auch als eine Voraussetzung für die Koordination zwischen Einzelnen. Diese so angepeilte inhaltliche Konsistenz von Einzelhandlungen gilt es mittlerweile, und darüber wird im Moment intensiv nachgedacht und experimentiert, in immer kurzzeitigeren Zeiteinheiten kritisch zu überprüfen und ggf. eben auch entsprechend anzupassen. Die hier versuchte Agilität schon in den Zieldimensionen zu erreichen, ergibt die unverzichtbare Notwendigkeit, die bedeutsamen inhaltlichen Zielsetzungen mit möglichst tiefreichender Tragfähigkeit zu entwickeln. Fehlt die nötige Akzeptanz der damit befassten Personen, ist eine derartig beständige Reflexionstätigkeit und eine ebenso beständige Bereitschaft zur gegebenenfalls nötigen Flexibilität hinsichtlich der operativen Teilaspekte nicht zu erwarten. Nur eine situationsangemessene Partizipation schon in der Zielfindung eröffnet die Möglichkeit für ein verhaltenswirksames Committment. Hier ist nicht weniger adressiert, als das widersprüchliche Verhältnis zwischen fokussierter und nachhaltiger Ausrichtung an Zieldimensionen und flexibler Anpassung an ständig sich ändernde Situationsbedingungen. Nicht zu unterschätzen sind dabei auch die zu lösenden kommunikationsbezogenen Herausforderungen, wie sich die jeweils gefundenen Zielformulierungen auch innerhalb der davon betroffenen Personengruppe tradieren und beständig im Bewusstsein halten lassen.
Kennzeichen für ein Gelingen dieser Herausforderungen, lassen sich bei HPT dabei nicht nur im Bereich der fachlich-inhaltlichen Zielsetzungen finden, sondern gerade auch im Bereich von formalen Ansprüchen. Nicht nur die Frage was bearbeitet bzw. gelöst werden soll, ist in solchen Teams klar vereinbart, sondern auch die Fragen welche prinzipiellen Ansprüche verfolgt werden und wie man sich eine gelungene Zusammenarbeit wünscht.

* Die prinzipiellen Werthaltungen (insbes. in Hinsicht auf arbeitsweltliche Belange) sind durch explizite Thematisierungen weitreichend als bewusste Ansprüche formuliert (Stichwort „Leitlinien“); das ergibt als Vorbedingung gelingender Kooperation ein (ausreichend) geteiltes ideelles Milieu der Teammitglieder.

Attraktive, weil zum eigenen Wertsystem kompatible und gemeinsam getragene Beurteilungen in Hinsicht auf die Angemessenheit spezifischer Handlungen, sind eine unverzichtbare Voraussetzung für das eigene Wohlbefinden in sozialen Kontexten. Das ist nicht weiter verwunderlich, ergeben sich doch – selbst wenn man die sicher nötige Differenzierung zwischen Werten und Bedürfnissen ernst nimmt – direkte Bezugnahmen zwischen diesen beiden menschlichen Aspekten. Abstrakt formulierte, wünschenswerte Handlungsleitlinien (in dieser Weise ließen sich Werte definieren) werden kaum Chancen auf tatsächliche Realisierung im konkreten Handeln aufweisen, wenn sie nicht die tief in unseren Persönlichkeiten verankerten Bedürfnisse berücksichtigen. Je bewusster diejenigen Werte gemeinsam reflektiert wurden, desto wirksamer werden sie im Alltag auch realisiert. Die Reflexion darüber (und zwar systematisch wiederholt) ermöglicht dem HPT eine explizite Übereinkunft darüber, wie das Team den jeweiligen Wert tatsächlich definiert und in welcher Weise man die alltagspraktische Umsetzung verstanden wissen will. Auch wenn die mittlerweile durchaus häufig vorfindbaren Wertebilder oder Leitlinien auch manchmal als allzu oberflächlich konsensfähige Allerweltsaussagen belächelt werden; – sie sind als zentrale Einflussgrößen sowohl auf unser Handeln, als auch in Hinsicht auf unsere Wahrnehmungen als Ordnungskonzept unhintergehbar. Bleiben sie selbst als abstrakte Ansprüche auch oft geradezu immun gegenüber Einwänden, weil sie so sehr die soziale Erwünschtheit in einem bestimmten kulturellen Umfeld repräsentieren (man denke in diesem Zusammenhang an Werte wie „Nachhaltigkeit“, „Gleichberechtigung“ oder auch [weniger fundamental] an „Lösungsorientierung“ und so weiter), so gibt es doch immer wieder durchaus kontroverse Auseinandersetzungen darüber, woran man die ernsthafte Realisierung in Hinsicht auf konkrete Verhaltensmaßregeln erkennen könnte. Darüber sich immer wieder zu unterhalten, um kollektive Klärungen herbeizuführen, ist sicher ein charakteristisches Merkmal von HPT.

* Indem die gemeinsamen Ziele und Ansprüche als persönliche Anliegen erlebt werden, ergibt sich ein hohes Maß an kritischer Selbstkontrolle.

Ein weiterer Vorteil von solcherart kongruenten Ansprüchen zwischen der kollektiven und der individuellen Basis liegt auf der Hand: Der Aufgabendruck („externer“) Kontrolltätigkeit von Führungskräften, in erster Linie (vorerst) verstanden als die permanent nötigen Vergleichsprozesse zwischen formulierten Soll- und tatsächlich erreichten Ist-Werten, vermindert sich signifikant. Ganz im Sinne intendierten Empowerments werden diese prinzipiellen Aspekte der Kontrolltätigkeit (Steuerung durch Fehlerkorrektur) vermehrt in die Eigenverantwortung der ausführenden Mitarbeiter*innen wandern. Was dabei vermutlich noch viel wesentlicher ist: Auch die der Kontrolltätigkeit inhärente zweite Funktion, namentlich das permanente Lernen, wird dorthin verlagert, wo die entwickelten Einsichten letztlich verhaltenssignifikant werden sollen, – in die Selbstverantwortung der ausführenden Personen. So können bspw. Maßnahmen zur Steigerung von Prozesseffizienz (auf organisationaler Ebene) oder eben die Erweiterung personaler Kompetenzen (Strukturveränderungen in Bewusstsein und Erlebensverarbeitung) durch die direkt involvierten Mitarbeiter*innen zeitnahe und zugleich auch optimal angepasst entwickelt werden.

 

Merkmalsbereich 2: Diversität und TeamklimaDiversität und Teamklima

* Es gibt eine hohe „Diversität“ innerhalb des Teams (Heterogenität in Bezug auf Talente, Lebens- und Berufserfahrungen, Ausbildung,…), die als Chance erlebt wird und dadurch auch in vielerlei Hinsichten als Potenzial genutzt werden kann.

Hier ist ein Thema berührt, das an Bedeutung kaum übertroffen werden kann. Schon das Stichwort „postmigrantische Gesellschaft“ (Isolde Charim) zeigt an, dass dabei eine auf gesamtgesellschaftlicher Ebene unumkehrbare Dynamik Wirkung zeigt, und zwar bis in die kleinsten sozialen Einheiten, ja mehr noch bis in die persönlichsten Bereiche jeder einzelnen Person (Stichwort „Identität“). Die vielgenannte Globalisierung im Zusammenwirken mit kontinuierlicher Konfrontation mit unterschiedlichsten Lebenskonzepten durch elektronische Medien bringt mit sich, dass eine zunehmende Zahl von Menschen mit einer sehr großen Vielfalt an kulturell-sozialen Gepflogenheiten, persönlichen Eigenschaften, Lebenskonzepten usw. konfrontiert werden. Nimmt man das Zielbild der liberalen Demokratie in ihren substanziellen Prinzipien ernst, ergibt das unweigerlich große Herausforderungen. Der Anspruch nach größtmöglicher Chancengleichheit und damit die konsequenten Zurückweisung jeglicher Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund von beispielsweise Geschlecht, sexueller Identität, Alter,
Lebensweise, ethnischer Herkunft, Weltanschauung usw. stellt nicht nur eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von enormer Dringlichkeit dar, sondern ergibt auch Herausforderungen für funktionierende Teams. Gerade die überschaubaren sozialen Einheiten neigen zu einer besonders wirkmächtigen Form des Tribalismus, die sich zwar als mitunter nützliche Solidarität gegenüber solchen ausdrückt, die einem ähnlich sind; aber gleichzeitig auch das Gefahrenpotential beinhalten, sich aggressiv exkludierend gegenüber solchen zu verhalten, die eben anders sind. Ein ausgeprägter „Teamspirit“, verstanden als hohe Konformität und Kohäsion der Gruppe, wird zwar oft als Lösung beschworen, führt aber – wie sozialpsychologisch vielfältig empirisch belegt – durchaus häufig zu absolut dysfunktional-schädlichen Prozessen (Stichwort „Groupthink“ u.dgl.). Werden abweichende Denk- und Verhaltensweisen nur als störende Abweichung erlebt, die es zu beheben gilt, dann sind Lernbehinderungen, Fehlentscheidungen und Fluktuation (um hier nur eine Auswahl von Problemen zu benennen) womöglich chronifiziert in den gruppendynamischen Strukturen verankert. So lässt sich hier feststellen: „Diversity-Kompetenz“ ist in einer irreversibel plural verfassten Weltgesellschaft nicht nur auf der gesellschaftlichen Ebene eine der notwendigen Bedingungen zur Aufrechterhaltung von zivilisatorischen Errungenschaften und für eine demokratische Weiterentwicklung von Sozietäten, sondern auf der hier adressierten Ebene der Teamarbeit eine Vorbedingung für hohe Qualität der berufsbezogenen Zusammenarbeit. Nur solche in den Gruppennormen verankerte Einstellungen ermöglichen gegenseitige Befruchtung durch Verschiedenartigkeit, indem alle Mitglieder des Teams ihre Leistungsfähigkeit und -bereitschaft entwickeln und entfalten können, und zwar unabhängig von ihren personen- und verhaltensimmanenten Merkmalen. Darin wird eine zentrale Managementaufgabe sichtbar, die darin besteht, Arbeitsbedingungen zu gestalten, die den Blick auf die Potenziale und die Leistungsbeiträge der Beteiligten richtet und nicht auf äußere Merkmale oder Zugehörigkeiten zu irgendwelchen Subgruppen. Die hier zugehörigen Werte wie beispielsweise Toleranz, Respekt und Vertrauen sollten in den oben genannten Leitlinien einen besonderen Stellenwert einnehmen.

* Die Mitglieder schätzen sich gegenseitig (grundsätzliche Sympathie).

Das hier genannte Merkmal kann nur kurz behandelt werden, stellt es doch sicher am ehesten einen Glücksfall dar. Gezielt herstellen lässt sich eine solche zweifelsfrei hilfreiche Situationsbedingung im Team nur schwer. Häufig wird betont, dass man sich innerhalb eines Teams ja nicht mögen muss; – es wäre ausreichend, so wird bescheiden erklärt, dass man miteinander auskommt, also einen modus vivendi als Basis nüchterner Kooperation finden kann. Die zweifelsfrei berechtigte Minimalerwartung an sämtliche Mitarbeiter*innen besteht darin, zumindest im vorgegebenen Rahmen der formalen Ordnungssysteme des Unternehmens zu kooperieren. Diesen Ansprüchen ist alleine schon deshalb zuzustimmen, als man mit dieser pragmatischen Haltung einer allzu oft vorfindbaren ideologischen Interpretation des Begriffs „Team“[1] vorbeugen kann. So können Illusionspotenziale vermieden werden, die letztlich – gerade vor dem Hintergrund komplexer und damit konfliktbeladener Herausforderungen –  nur in Enttäuschungen münden können.
Allerdings wird hier an dieser Stelle ja versucht Teams zu charakterisieren, die nicht nur durchschnittlich (und vielleicht tatsächlich ausreichend) funktionieren, sondern eben solche, die eine herausragende Performance auszeichnet. Und bei solchen Teams findet sich eben – so zeigt die Praxis – eine persönliche Kompatibilität und Anschlussfähigkeit der Mitglieder untereinander, die stabile berufliche Freundschaften ermöglichen.
Unterstützen lässt sich eine solche nicht wirklich steuerbare Entwicklung am ehesten schon beim Recruiting, indem bei solchen Prozessen die bereits tätigen Teammitglieder maximal involviert sein sollten und besonders auf die mitgebrachten Werthaltungen Bedacht genommen werden sollte.

* Die Gruppe reflektiert immer wieder gemeinsam auf einer Meta-Ebene gemeinsames Vorgehen und das kollektive Kommunikationsverhalten. Es wurden explizite, formale „Spielregeln“ in Hinsicht auf  Zusammenarbeit und Kommunikation entwickelt, die gemeinsam kritisch reflektiert werden. (Stichwort: routinierte Selbstthematisierung „on-the-job“)

Dieses Merkmal herausragender Teams kann nicht genug in seiner Wichtigkeit betont werden. Hier scheint geradezu ein konstitutives Merkmal identifiziert. HPT haben, so lässt sich das immer wieder beobachten, geradezu eine Selbstverständlichkeit entwickelt, immer wieder – und zwar auch während laufender Leistungsprozesse – ihren gemeinsamen Fokus auf die Metaebene der Kommunikation zu richten.

So spricht bspw. im Laufe eines Gruppengesprächs ein teilnehmendes Mitglied spontan eine Situation an, die den Gesprächsfluss zu blockieren scheint:

„Fällt Euch auch auf, dass wir mittlerweile schon seit geschätzt 15 Minuten bereits mehrfach geäußerte, gegenläufige Argumente permanent wiederholen? Die einzigen Variationen, die zumindest ich glaube feststellen zu können, lassen sich in zunehmenden Pauschalisierungen und Verallgemeinerungen finden. Ich vermute, dass wir einander nicht mehr wirklich gut zuhören, sodass wir glauben unsere Meinungen zunehmend übertrieben darstellen zu müssen. Auch die Lautstärke und Geschwindigkeit unseres Gruppengesprächs nimmt immer mehr zu. Versuchen wir doch rauszufinden, ob wir die jeweiligen Begründungen wirklich verstanden haben; – bevor wir unsere alternativen Ideen vorbringen!“

Derartige Selbstthematisierungen können wir wohl nur dann bis in den Berufsalltag förderlich „einsickern“, wenn sie zuvor in eigens dafür vorgesehenen Reflexionsräumen ausreichend geübt werden konnten. Auch das lässt sich klar feststellen: HPT haben zumeist sehr individuell angepasste Strukturen entwickelt, die als eine Art „Selbstsupervision“ systematisch und routinisiert betrieben werden.

Häufig wird dabei mittlerweile auf dafür längst schon bereitgestellte und bewährte Formate zurückgegriffen, die dann entsprechend adaptiert werden können. Man denke hier an sog. „Retrospektiven“[2], die sich als systematisch verankerte Formate, entlang konkret vorgeschlagener Leitfäden, relativ leicht und schnell etablieren lassen oder auch an bewährte Methodiken, wie sie im Kontext der Supervision bereits seit langem mit Erfolg praktiziert werden.

* Das Team achtet gemeinsam(!) auf ausreichende Regeneration. (Stichworte: „Pausenkultur“, Urlaubsregelungen)

Hier ist ein Merkmal angesprochen, dass sich leider wirklich selten finden lässt, obwohl es große Bedeutung haben kann, will man den viel zu häufig anzutreffenden Burnout-Dynamiken präventiv entgegenwirken; – gerade in Teams, die sich personell aus „High Performern“ zusammensetzen. Wie bekannt, sind besonders diejenigen Persönlichkeiten, die sich durch ein überdurchschnittliches Ambitionsniveau auszeichnen, in besonderer Weise gefährdet, sich letztlich zu überfordern oder (was häufiger vorzukommen scheint) sich zu überlasten. Berücksichtigt man den enormen Einfluss von Gruppennormen auf das Verhalten Einzelner, und ganz prinzipiell die Bedeutung der jeweiligen Umwelt auf das Verhalten der einzelnen Person, dann wird schnell deutlich, wie sehr sich ein in Gang gebrachtes oder gar schon akutes Burnout-Syndrom als ein Phänomen der Gruppe erkennen lässt. HPT erkennen dieses Gefahrenpotenzial, wissen um die Schädlichkeit allzu ehrgeiziger oder gar schon perfektionistischer Anspruchsniveaus für das einzelne Individuum und das gesamte Team und erkennen, wie sehr dafür auch in die Gruppennormen (oftmals unbemerkt) eingeschriebene, kollektiv vertretene Messlatten, ausschlaggebend sein können. Auch wenn sich das manchmal sogar gegen eigene Interessen richten kann: Mitglieder von HPT beobachten sich gegenseitig in dieser Hinsicht, werden dafür durch die oben beschriebenen systematisch betriebenen Reflexionsformate unterstützt und melden sich kritisch zu Wort, wenn bei Kolleg*innen erste Anzeichen für Überlastungsprozesse erkennbar werden. Eine passende „Pausenkultur“ wird dabei genauso ernst genommen, wie entsprechende ausgleichende Urlaubsregelungen. Andauernder Stress verliert in solchen Teamkulturen tatsächlich seine Statusfunktion und wird, sehr viel adäquater, als ein Anzeichen für nötige Veränderungen wahrgenommen.

 

 Merkmalsbereich 3: Feedback und KonflikthandlingFeedbackkultur_Konflikte

* Abweichungen von gemeinsam getroffenen Vereinbarungen werden wahrgenommen; zeitnahe und offen angesprochen und die Ursachen gemeinsam analysiert. Der in den Gruppennormen verankerte Umgang mit Fehlern und Irrtümern ergibt ein innovationsförderliches Klima. (Stichworte: Fehlertransparenz und Irrtumstoleranz)

Nicht nur scheint es – wie oben schon erwähnt – bei HPT absolut selbstverständlich, dass ein permanentes Monitoring der laufenden Arbeitsfortschritte fest im üblichen Arbeitsalltag verankert ist, und zwar sowohl in Hinsicht auf die beschriebene Selbstkontrolle, als auch im Kontext entsprechender Gesprächsformate, die einen äußerst kurzen Feedback-Rhythmus ermöglichen (wie bspw. „Daily Standup-Meetings“ bei agilen Teams) und so eine wirklich kontinuierliche – auch gegenseitige – Evaluation ergeben. Genauso selbstverständlich scheint es solchen Teams zu gelingen, die solcherart festgestellten Abweichungen, wenn sie über eine gemeinsam geteilte Toleranzgrenze hinausgehen, offen anzusprechen bzw. zu bekennen.

Sofortige Sanktionen, und seien sie auch „nur“ unterschwelliger, sozialer Natur, bleiben völlig aus, vielmehr wird gemeinsam versucht, die dafür ausschlaggebenden Ursachen durch differenzierte Analyse zu identifizieren. Dabei wird berücksichtigt, dass – schon besonders in komplexen Arbeitszusammenhängen – niemals von monokausalen Erklärungen für Abweichungen auszugehen ist. Immer, so lässt sich tatsächlich berechtigt verallgemeinern, sind mehrere Ursachen für Abweichungen ausschlaggebend. Mögliche Erklärungen sollten einseitig personenbezogene Schuldzuschreibungen vermeiden, die zwar schnell gefunden, aber doch so gut wie immer unterkomplex bleiben und also nicht davor bewahren, strukturbedingte und damit potenziell chronifizierende Bedingungen zu übersehen und damit womöglich auf Dauer zu stellen.

Erst nach einer solchen komplexitätserhöhenden Diagnose, die immer auch eine potenziell (eigene) Einflussnahme aller Teammitglieder einrechnet, sollten gemeinsame Überlegungen angestellt werden, wie man etwaig notwendig gewordene Korrekturen erreicht, bzw. wie man zukünftig ähnliche Entwicklungen vermeiden kann. Beachtet wird dabei auch, ob sich nicht in einer gegebenen Abweichung ein Korrekturbedarf für getroffene Vereinbarungen offenbart. Strikt wird – und das entspricht zutiefst einer aktuell so prominent propagierten Agilitätskonzeption von Organisationsstrukturen – zwischen einer (womöglich „starren“) Orientierung an Vereinbarungen und einer tatsächlich flexibel gehaltenen Orientierung an Zielen unterschieden.

Unterstützt wird diese hier nur kurz skizzierte Vorgehensweise erneut durch die schon mehrfach adressierten Gruppennormen. An dieser Stelle sind sie geprägt von Offenheit für ein experimentelles Vorgehen einzelner Teammitglieder. Das gelingt umso besser, je bewusster man die Differenzierung zwischen Fehlern und Irrtümern vornimmt: Sind erstere als eine Abweichung von vereinbarten Standards und/oder Vereinbarungen zu verstehen, die eine Bewertung darüber ermöglichen, ob etwas wie vorgesehen erledigt wurde oder eben nicht, so sind demgegenüber Irrtümer nur vor dem Hintergrund versuchter Innovationen oder auf Basis von eigenen Hypothesen unternommenen Verhaltensänderungen als solche zu bewerten. Werden Irrtümer so behandelt wie Fehler oder Abweichungen, dann wirkt sich das meist innovationsfeindlich aus. Couragiertes Ausprobieren in noch unerprobten Verhaltensbereichen wird kaum gefördert, wenn ein aus ehrenwerten Motiven unternommener Neuversuch nur als Fehler verstanden wird. Die persönlich zugrundeliegenden Intentionen und Motive von Handlungen sollten bei Ursachenanalysen von Ist-Soll-Diskrepanzen nie unreflektiert bleiben. Auch diese Haltung lässt sich bei HPT als verhaltenswirksames Merkmal beobachten.

* Eine alltäglich geübte Feedbackkultur, berücksichtigt die Prinzipien lernförderlicher Rückmeldungen und adressiert anerkennend auch besondere Leistungen.

Will man Teamlernen als permanentes Vorhaben etablieren, kommt die Bedeutung von Feedbackprozessen in den Blick. Immer wieder wurde von erfahrenen und erfolgreichen Führungskräften darauf hingewiesen, dass Feedback hinsichtlich des gezeigten Arbeitsverhaltens  eines der entscheidenden Instrumente für gelingende Führung darstellt. Diese Einschätzung gilt sicherlich nicht nur im Kontext hierarchisch verfasster Führung, sondern auch in Hinsicht auf gelingende Kooperation im Kontext lateraler Führung und kollegialer Kooperation auf gleicher Hierarchieebene. Die Funktionen, dieses Instruments liegen auf der Hand. Es dient dazu, die Anderen darauf aufmerksam zu machen, wie ihr Verhalten erlebt wird und welche Auswirkungen es für die arbeitsweltliche Umgebung mit sich bringt (im positiven wie auch im negativen Sinne). Zudem wird das Teammitglied über die Bedürfnisse bzw. Erwartungen der Feedbackgeber*innen informiert, damit klar werden kann, worauf Rücksicht genommen werden sollte. So muss man sich nicht mehr alleine auf Vermutungen stützen, sondern erhält transparent Bescheid, was die Kolleg*innen an konkreten Verhaltensweisen benötigen, um ihre jeweiligen Aufgaben gut bewältigen zu können.

Schließlich wird – im Falle kritischer Feedbacks – transparent darüber aufgeklärt, welche Veränderungen im Verhalten die Zusammenarbeit im Team erleichtern würde. Im Mittelpunkt stehen dabei die Arbeitsleistungen in Form sowohl quantitativer als auch qualitativer Einschätzungen, die bedeutsamen Kompetenzen und das daraus erwachsene, prinzipielle und konkrete Arbeitsverhalten, sowie die erkennbaren (und vielleicht noch zu wenig geförderten) Potenziale.
Um tatsächlich signifikante Effekte durch Feedbackprozesse erzielen zu können, gilt es die bekannten Prinzipien für professionelle Rückmeldungen zu berücksichtigen, wie bspw. die klare Trennung zwischen Interpretation und Beobachtung, die Konkretheit in Hinsicht auf die adressierten Verhaltensaspekte, die Enthaltsamkeit bewertender Kommentare in Hinsicht auf die Person des Gegenübers, das angemessene Ausmaß, der richtige Rahmen und Zeitpunkt, die Brauchbarkeit und so weiter. Besonders markant für HPT scheint dabei die durchgängig zu beobachtende Ausgewogenheit der Feedbacks hinsichtlich positiv und (vor Hintergrund klar benannter Kriterien) negativ bewerteten Sozial- und Arbeitsverhaltens. Auch wenn es ohnehin als selbstverständlich erscheint, immer noch fehlt es in vielen Arbeitskontexten an der so oft geradezu beschworenen Wertschätzung. Die wirklich hervorragenden Teams erkennen die enorme Bedeutung der möglichst durchgängigen Berücksichtigung grundsätzlicher Anerkennungsbedürfnisse aller Personen. Authentisch kommunizierte Anerkennung kann geradezu als das unverzichtbare „Vitamin“ für einen gesunden Selbstwert bezeichnet werden. Forschungsbefunde zeigen positive Auswirkungen nicht nur im psychischen, sondern unübersehbar auch im physiologischen Bereich; das reicht von der Freisetzung von Dopamin und Endorphinen mit daraus folgender Angst- und Stressreduktion, Steigerung von Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit bis zur Präventionswirkung hinsichtlich verschiedener Krankheitsbilder. Auch wenn sich das übertrieben anhört, ein von gegenseitiger Anerkennung geprägtes Arbeitsumfeld ergibt einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Erhöhung von Lebensqualität und Lebensdauer.

* Konflikte werden als konstitutives Merkmal engagierter Teamarbeit erkannt, als Chance für Weiterentwicklung wahrgenommen, demzufolge offen adressiert und gemeinsam geklärt, gelöst oder zumindest geregelt.

HPT setzen sich aus ambitionierten Personen zusammen, die dementsprechend auch Durchsetzungswünsche entwickeln. Konflikte sind also – so wie in allen zwischenmenschlichen Bereichen – unvermeidbar und außerdem unerlässlich für inhaltliche Weiterentwicklungen auf allen Ebenen.

Teams mit herausragenden Leistungen haben in diesem Bereich eine auffällige Gemeinsamkeit: Kolleg*innen mit gegensätzlichen Meinungen, Ansichten, Interessen oder Bewertungen werden als legitime Kontrahent*innen mit grundsätzlich legitimen Auffassungsunterschieden betrachtet. Ein auftretender Konflikt wird nicht als eine Art Betriebsunfall und damit als grundsätzlich störend erlebt, sondern als eine geradezu zwingend folgelogische Konsequenz von Zusammenarbeit in komplexen, teilweise nicht wenig ambigen und ambivalenten Situationen und Systemzuständen. Durch die klare Einigung auf gemeinsame Ziele des Gesamtteams ergibt diese Haltung, verbunden mit einer stets gegebenen Bereitschaft auf Maximalforderungen im Interesse der geteilten höherwertigen Gesamtziele zu verzichten, eine zeitnahe und offene Zuwendung auf entstandene Konfliktfelder. Bei der gemeinsamen Analyse der Ursachen, gilt – wie oben schon notiert – das Prinzip der multikausalen Erklärung. Dabei werden verschiedene Ebenen berücksichtigt: nicht nur die Personen (Gedanken-Gefühle-Werte-Erfahrungen-…), sondern auch die Ebenen des Teams und der Organisation als Konfliktkontexte (Strukturen-Prozesse-Handlungsmuster-Normen-…), der gegenständlichen Aufgaben (Vorgaben-Sachzwänge-Anforderungen-…) und der Gesellschaft (Gesellschaftsordnung-kulturelle Muster-Moralvorstellungen-…).

Die Teammitglieder erkennen sich anbahnende Konfliktdynamiken n

icht nur schnell, sie gehen aktiv und genauso konflikt- wie auch kompromissbereit darauf zu; eigene Meinungen und Ansichten werden klar zum Ausdruck gebracht, ohne eine dysfunktionale Streitdynamik zu verschärfen und man kennt auch Methoden, um Konflikte zu klären und schließlich entweder einer Lösung oder zumindest einer haltbaren Regelung zuzuführen.

 

Merkmalsbereich 4: Kommunikation und Teamlernen

Kommunikation_Teamlernen

* Die Teammitglieder bringen ihre Wahrnehmungen, Ideen und ggf. Gefühle(!) klar, deutlich und wahrhaftig zum Ausdruck. (Stichworte: Kongruenz und Authentizität in Erleben und Verhalten, Wertschätzung der Personen). Die entwickelten Gruppennormen, die u.a. durch positive Bewertung von Zivilcourage und „kreativen Ungehorsam“ charakterisiert sind, ermöglichen eine weitreichende Verhaltensfreiheit der Teammitglieder. (Angstfreiheit in Hinsicht auf Blamage und Autorität) Das eigene Kommunikationsverhalten (Person und Gruppe) gemeinsam zu reflektieren, wird als permanente Aufgabe verstanden, das verhindert die Etablierung von dysfunktionalen Gruppennormen und ermöglicht Arbeitszufriedenheit und Innovation.

Ein Merkmal von HPT, dem ein besonderes Gewicht zukommt, lässt sich durchgängig beobachten: Das Äußern von Ideen oder Wahrnehmungen, die (durchaus bewusst) noch unfertig sind, erfolgt leicht und ohne Ängste vor Blamage oder verletzender Kritik, die ein solches Vorgehen allzu oft verhindern. Unsere Erfahrungen aus vielen Beratungsaufträgen hat uns erkennen lassen, dass die erwähnte Angst vor Blamage der wohl am häufigsten beobachtbare Hemmschuh für hocheffektive Teamarbeit zu sein scheint. Diese Ängste sind in sehr vielen Organisationen geradezu omnipräsent und werden nicht selten auch geradezu geschürt. So werden bspw. durch wiederholt erlebte Beschämungen insbesondere durch Vorgesetzte und deren Führungsstil offene Kommunikation, fundierte und notwendige Kritik oder auch Zivilcourage, wenn es gilt, gegen einen vorherrschenden Mainstream aufzutreten, verunmöglicht. Meist verbunden mit einer längst schon historisch überholten „Power Distance“, die als solche durch alltägliche Machtrituale nachhaltig etabliert wird, ergibt das nicht nur einen Mangel an Arbeitszufriedenheit und Engagement, sondern auch ein schädliches Ausbleiben von Innovationsfreudigkeit und Lernbereitschaft. In HPT findet man derlei Dynamiken nicht; im Gegenteil, durch eine nachhaltig entwickelte Teamkultur, ergeben sich wiederholt Situationen und Erfahrungen, die zu freiem, authentischen Verhalten führen.

Die einzelnen Personen haben gelernt angstfrei gemeinsam „laut nachzudenken“. Spontane Äußerungen, die nicht ängstlich motiviert als Mentalreserven zurückgehalten werden müssen, sind in Situationen, in denen es um das Entwickeln kreativer Lösungen geht, geradezu auf der Tagesordnung. So können auch erste, noch vage Ideen, die sich auf Basis intuitiver Eingebungen auftun, genauso offen geäußert und dann auf ihre Praxistauglichkeit und Brauchbarkeit geprüft werden, wie auftretende Emotionen. Es wird versucht, Gefühle und Stimmungen auf ihre vielleicht bedeutsamen Signalwirkungen hin gemeinsam zu „erforschen“. Die üblichen Tabuisierungen, die sich aus den typisch vorschnellen und ohnehin nie eingelösten Forderungen nach „Sachlichkeit“ ergeben, bleiben aus. Eine hier (sicher idealtypisch) beschriebene Kommunikationskultur, geprägt von Authentizität, gegenseitiger Wertschätzung und Empathie, begünstigt nicht nur ein innovationsfreundliches Klima, das Aufgreifen von Lernchancen auf sowohl individueller wie auch kollektiver Ebene und hohe Arbeitszufriedenheit, sondern fördert auch personales Empowerment. Erkennbar wird das in Situationen, die eine besondere Kompetenz erfordern: Eine Art „kreativen Ungehorsams“ (Rupert Lay) oder gar die von Niklas Luhmann so bezeichnete „brauchbare Illegalität“. Gerade in den so oft festgestellten komplex-dynamischen Umwelten wird sich niemals ein Regelwerk entwerfen lassen, dass alle situativen Eventualitäten schon vorausplanend erfassen kann. Immer wird ein beträchtlicher Rest an Kontingenz die Notwendigkeit ergeben, als damit konfrontierte Person mit Verantwortung so zu reagieren, dass die gesetzten Handlungen vorgegebene Vorschriften nicht nur ignorieren, sondern ihnen manchmal sogar geradezu entgegengesetzt sind.

Erneut kann dafür als eine unverzichtbare Voraussetzung die stabil im Alltagsverhalten verankerte Bereitschaft identifiziert werden, immer wieder durch gemeinsam betriebene Selbstthematisierung kritische Situationen, daraus entstandene Prozesse und Begebenheiten offen und lernbereit zu reflektieren. Die erwähnte Bereitschaft als persönliche Haltung wird durch bewährte Strukturen unterstützt und in Permanenz gehalten, wie bspw. durch die zur Routine gewordenen „Check-Ins“ vor Beginn des Teammeetings und als ebenso selbstverständlich erlebte „Check-Outs“ als gemeinsame kritische Rückschau, bevor man sich wieder anderen Aufgaben zuwendet.

* Eigene Wissensbestände, Learnings, Erfahrungswerte, Ressourcen ... werden den Teamkolleg:innen bei Bedarf zur Verfügung gestellt, gegenseitige Unterstützung – auch über eigene Funktionsbereiche hinaus – hat einen hohen Stellenwert.  (Stichworte: Wissensmanagement, individuelles und kollektives Lernen, Resilienz, …)

Den nächsten hier adressierten Merkmalsbereich könnte man bündig mit dem Begriff „Kollegialität“ bezeichnen. Vermutlich ist dabei ein kollektiv gezeigtes Verhalten benannt, das schon dem Alltagsverständnis entsprechend geradezu als ein Synonym für ein gelingendes Teamarbeiten erlebt wird. Schlicht formuliert: Man hilft einander, und zwar bei entsprechendem Bedarf auch über den eigenen Aufgabenbereich hinaus. Dienst (alleine) nach Vorschrift wird man in vielerlei HInsicht (siehe oben) in HPT nicht vorfinden. Dazu zählt auch die Selbstverständlichkeit, eigene Wissensbestände anderen Teammitgliedern für deren freien Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Im Idealfall verhindert die Abwesenheit von mikropolitischen Manövern, die nicht so sehr die Teamziele, sondern sehr viel mehr erhoffte eigene Vorteile fokussieren, allzu bekannte Kommunikationsbarrieren und das Vorenthalten eigentlich nötiger Informationen und Kenntnisse. Beobachtet man HPT, wird immer wieder deutlich, dass sowohl auf unsolidarische und übermäßige Profilierungsversuche verzichtet wird, als auch gegebene Konkurrenzsituationen in genauso offener wie auch fairer Form gemeinsam bewältigt werden. Die genannte Kollegialität, meist als informale Norm gesichert, drückt sich darin aus, dass sich die Mitglieder gerade bei schwierigen Berufssituationen gegenseitig unterstützen. Das gilt häufig sogar in privat schwierigen Momenten, in denen der Widerspruch zwischen beruflichen und familiären Rollenanforderungen besonders deutlich und leidvoll hervortritt. Es sollte nicht übersehen werden, dass solcherart nicht nur ein entscheidender Moment für die in krisenhaften Zeiten benötigte Resilienz des Teams gegeben ist, sondern darüber hinaus kaum ein Aspekt so essentiell ein organisationales Committment ermöglicht, wie genau diese kollegialen Unterstützungsmomente, die zumeist unvergessen bleiben. Ein Team, das einem einmal über schwierige Zeiten hinweg geholfen hat, indem z.B. eigene Leistungseinbußen solidarisch kompensiert wurden, verlässt man eben nicht vorschnell.

 

Merkmalsbereich 5: Management von Interdependenzen, effektive ProzesseStrukturen

* Die verschiedenen Aufgaben sind klar definiert, beschrieben und transparent verteilt, die „Schnittstellen“ sind bekannt und ausreichend „verhandelt“, dadurch gibt es weder funktionale Überschneidungen noch Lücken.

Für die Kooperation in interagierenden Teams ist die klar beschriebene, unmissverständlich vereinbarte und sachadäquate Aufteilung von Verantwortlichkeiten eigentlich konstitutiv. Hier findet sich letztendlich der Existenzgrund von Teams schlechthin, sind sie doch nur dann eine sinnvolle Arbeitsform, wenn es zu bewältigende Arbeitsvolumen gibt, die eben nur als eine Gemeinschaftsleistung erbracht werden können. Die Erfolgskriterien für eine tatsächlich gelingende Arbeitsteilung sind schnell benannt: Die Zuständigkeiten sind im richtigen Ausmaß detailreich beschrieben (klare Zuordnungen bei gleichzeitig ausreichend offen bleibenden Freiräumen), die Zuständigkeiten sind allen Beteiligten bekannt und nachvollziehbar, die Abstimmungen in Hinsicht auf die Übergänge von einem Zuständigkeitsbereich in den nächsten wurden gut verhandelt und – zunehmend von Bedeutung – werden systematisch immer wieder in Hinsicht auf die permanenten dynamischen Veränderungen entsprechend angepasst. So werden potenzielle Konflikte vermieden, die sich häufig durch Überschneidungen ergeben (bspw. Streitfälle darüber, wer letztlich entscheidungsgefugt ist) oder durch fehlende Zuständigkeiten (ein Teammitglied erwartet vom jeweils anderen nötig werdende Leistungsbeiträge die dann wechselseitig eingefordert werden).

* Die Führungsfunktionen sind von allen Teammitgliedern akzeptiert, Durchsetzungspotenziale ergeben sich vorrangig aus fachlicher und persönlicher Autorität, formale Positionsmacht ist weniger bedeutsam.

Wie bekannt, ist gerade die konkrete Handhabung von Führungsfunktionen von absolut entscheidender Bedeutung für den Teamerfolg. In HPT, so lässt sich ganz klar erkennen, wurde dabei längst schon Abschied von einem heroisch-autoritären Verständnis von Führung genommen. Auch die jeweiligen Vorgesetzten werden als Mitglieder wahrgenommen, wenngleich mit anderen, eben auch dispositiven Aufgaben. Die in Wirkung stehenden Machtbasen, ergeben sich in erster Linie durch vorhandene und auch als solche wahrgenommene Expertise für spezifische Fragestellungen und Aufgaben und durch ein auf Erfahrungen aufbauendes Vertrauen auf der persönlichen Beziehungsebene. Anordnungen oder gar Befehle oder Androhungen von Sanktionen sind als absolute „Ultima Ratio“ so gut wie nie vonnöten. Ein derartiger, vorrangig funktionsbezogener Umgang mit unterschiedlichen Durchsetzungspotenzialen auf Basis verschiedener, von Rechts- oder Betriebsordnung verliehener Befugnisse, erleichtert dann auch eine zeitgemäße Diversifizierung von Führung, die situativ zwischen Personen dann leicht wechseln kann; man denke in diesem Zusammenhang an wechselnde Projektleitungsaufgaben oder laterale Führungskonzeptionen.

* Ablauforganisation und Administration sind entlang sinn- und ergebnisorientierter Kriterien gestaltet; es konnten tragfähige Verfahrensregeln insbesondere in Hinsicht auf Zeit- und Besprechungsmanagement nachhaltig etabliert werden.

Last but not least ist als Merkmal von HPT noch ein recht nüchterner Bereich zu nennen: die vielfältigen Prozessdefinitionen, ohne die wohl kein Arbeitssystem Bestand haben könnte. Administrative, und damit für die Sicherung einmal erreichter Standards und Ergebnisse essentiell bedeutsame Regelungen, werden nicht nur beachtet, weil sie als sinnvoll und nützlich erlebt werden, sie sind auch im Ausmaß genau richtig.

Weder gibt es bürokratische Übersteuerungsphänomene, die sich meist auf Kosten wertvoller Arbeitszeit auswirken, noch gibt es ganz im Gegenteil Untersteuerung, die dann zumeist anlassbezogene „Adhoc-Gesetzgebungsversuche“ einzelner Mitglieder mit entsprechendem Konfliktpotenzial bewirken oder gar geradezu chaotisch wirkende Vorgehensweisen, die dann natürlich auch in bedeutende Zeitverluste münden. Besonders wichtig dabei: Auch noch so oft geübte und gewohnte Verfahrensregelungen für wiederkehrende Prozessmomente sind keineswegs sakrosankt auf Dauer gestellt und nicht mehr hinterfragbar. Ganz im Sinne des Teamlernens (siehe oben) werden die entwickelten Verhaltensroutinen und festgeschriebenen Prozessdefinitionen im Bedarfsfall kritisch reflektiert und ggf. eben reformiert.

Auch situationsbezogen wird immer wieder auch kritisch überprüft, ob die zweifelsfrei oftmals wertvolle Diszipliniertheit bei der Befolgung der gemeinsam definierten Prozessschritte im Laufe spezifischer, aktuell gegebener Teamsituationen nicht bewusst in Hinsicht auf bedeutsame Ziele zumindest passagere außer Kraft gesetzt werden sollte. Wie oben schon erwähnt, es ist keineswegs übertrieben zu behaupten, dass nur indem es immer wieder einzelnen Teammitgliedern gelingt, sich der widersprüchlichen Herausforderung zu stellen, zwischen Handlungsoptionen wählen zu müssen, die entweder den formalen Vorgaben entsprechen oder solchen, die ihnen eben genau nicht entsprechen, dafür aber für die Erreichung erwünschter Zieldimensionen bzw. für die Verwirklichung expliziter Ansprüche nötig erscheinen. Nur durch die bewusste Handhabung des letztlich aporetisch bleibenden Verhältnisses zwischen Struktur- bzw. Grundsatztreue und Flexibilität, kann die so oft erforderliche Anpassungsfähigkeit eines Teams tatsächlich auch realisiert werden.

Abschließend und resümeehaft bleibt hier zweierlei festzuhalten:

Beachtet ein Team alle diese hier benannten Merkmale, dann können die selbstverständlich unverzichtbaren technischen bzw. allgemein-fachlichen Kompetenzen der Teammitglieder erst wirklich in vollem Umfang zur Entfaltung gebracht werden; HPT zeichnet dabei aus, dass sie diese formalen Herausforderungen mit der gleichen Gewichtung wie die inhaltlich-fachlichen Erfordernisse fokussieren.

Zudem sei in Erinnerung gerufen, was sich schon in den ersten Zeilen dieses Beitrags als Vorbemerkung findet: Die hier aufgezählten und nur kurz beschriebenen Merkmale von HPT sind selbstverständlich idealtypisch zu verstehen, die Praxis mit ihren so unberechenbaren Anforderungen wird immer wieder Grenzen aufzeigen; –  als Zielvision allerdings könnten die hier angedeuteten Aspekte wertvolle Dienste bieten.

Um damit verbundene Herausforderungen besser und klarer erkennen zu können, sei hier noch abschließend ein einfaches Instrument vorgestellt, das als Diagnosehilfe dienlich sein kann. Sie kann einen ersten Zugang zur (selbst-)kritischen Evaluierung der erlebten Teamqualitäten eröffnen.

Empfohlenes Vorgehen:

Bewerten Sie vor Hintergrund der beschriebenen Merkmalsbereiche von „High Performance Teams“ (siehe oben) Ihre aktuellen, derzeit typischen Teamsituationen.            

Benutzen Sie dafür die in der nächsten Grafik eingetragenen Linien als Skalierungshilfe: „0“ = schlechteste Bewertung     –      „10“ = beste Bewertung

 

 

Peter Frenzel 2023, www.tao.co.at


[1] Eine solche ideologische Interpretation ergibt sich, wenn man den Begriff nicht deskriptiv versteht und damit eine personell überschaubare Arbeitseinheiten beschreibt, die arbeitsteilig Aufgaben übertragen bekommen hat, sondern den Begriff als normativen Anspruch auffasst, wodurch ausgesagt wird, dass erst bei Vorliegen eines ausgeprägten Gemeinschaftsgeists und starkem Zusammenhalt überhaupt von einem „echten Team“ gesprochen werden kann. 

[2] Siehe dazu insbes. Derby, E./Larsen, D. (2018): Agile Retrospektiven. Übungen und Praktiken, die Motivation und Produktivität von Teams deutlich steigern. München (Vahlen)

Bilder: Pixabay, TAO

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