Marianne Gronemeyer - Wer arbeitet sündigt... Ein Plädoyer für gute Arbeit

Buchrezension

Dieser Beitrag bietet nicht nur Gelegenheit ein wirklich außergewöhnliches Buch zu besprechen sondern darüber hinaus auch auf eine Autorin aufmerksam zu machen, die mich schon länger begeistert. Immer wieder ergeben sich erhellende Momente, wenn man sich auf die sozialkritischen Analysen der deutschen Erziehungswissenschaftlerin und Philosophin Marianne Gronemeyer einlässt.

Schon manche der Buchtitel ihrer bisherigen Veröffentlichungen lassen Querdenken und kritische Zugänge zu brisanten Themenbereichen erwarten: „Das Leben als letzte Gelegenheit: Sicherheitsbedürfnisse und Zeitknappheit“, „Simple Wahrheiten und warum ihnen nicht zu trauen ist“, „Genug ist genug. Über die Kunst des Aufhörens.“, „Lernen mit beschränkter Haftung: Über das Scheitern der Schule“ und eben jetzt, als jüngste Publikation „Wer arbeitet sündigt: Ein Plädoyer für gute Arbeit.“

In diesem ihrem neuesten Buch begibt sich Gronemeyer auf die Suche nach der guten Arbeit, die mehr sein sollte als nur ein „guter Job“. Dazu wird schon in der Einleitung festgehalten, dass „Arbeit“ mittlerweile völlig kritiklos als etwas Gutes gehalten wird, z.B. schon alleine deshalb, weil man sicher sein kann, dass man, zumindest bei der Durchführung von Arbeiten welcher Art auch immer, (angeblich) keine Zeit verschwendet. Und Zeitvergeudung, so das Ergebnis kritischer Betrachtung herrschender Kulturnormen, gilt geradezu als „Kapitalvergehen“. Als ein Ausdruck der omnipräsenten Forderung nach Effizienz gilt es „Zeit zu sparen“, immer und in allen Bereichen und Nischen des Lebens. „Wer sich also auf die Erfordernisse der Arbeit berufen kann, ist von dem Verdacht, seine Zeit mit Überflüssigem zu vertun, freigesprochen. Und wenn zwei Ansprüche an meine Zeit konkurrieren, hat die Arbeit normalerweise Vorfahrt. Die Trennlinie zwischen wesentlich und verschwenderisch verbrachter Zeit wird in westlichen Gesellschaften zwischen Arbeitszeit und Freizeit gezogen.“ (Gronemeyer, S.11) Schnell wird deutlich, dass das vorliegende Buch auch erklären hilft, warum so viele Menschen, mit denen wir in unserer Arbeit zu tun haben, zunehmend Schwierigkeiten haben zu einer sinnvollen Ausgewogenheit in der eigenen Lebensführung zu finden. Und wenn man schon der Entgrenzung der Arbeit so schwer nur Einhalt gebieten kann, dann wird es doch nicht nur sinnvoll, sondern sogar dringlich danach zu fragen, was eigentlich „gute Arbeit“ charakterisieren könnte.

Die im Titel scheinbar enthaltene Provokation, dass uns nämlich die Möglichkeit „gute“ Arbeit zu verrichten abhanden gekommen ist, wird in den Ausführungen Gronemeyers durch sorgfältige Analyse zu einer ernsthaften These, die aufrüttelt und den Blick auf alltägliche Phänomene schärft. In beunruhigend minimaler Weise wird einschränkend schon in der Einleitung festgehalten, dass es „gute Arbeit“ schon noch gibt, aber nicht auf dem Markt. „Alle Arbeit“, so eine Eingangsbehauptung, „die heute auf dem Arbeitsmarkt gehandelt wird, schadet mehr, als dass die nützt. Und wer sich glücklich schätzt, auf dem Markt einen Job ergattert zu haben, nimmt in Kauf, dass er damit Schaden anrichtet.“ (S.13)

Für dieses „schwerwiegende Verdikt“ führt Gronemeyer vier Befunde an:

Zuallererst erzeuge die moderne Arbeitswelt immer mehr Drop-outs und gesellschaftlich Deklassierte. Die allerorts anzutreffenden "Selbstbehauptungskämpfer/innen" lieferten sich immer härtere Schlachten und alles, was sich, vor Hintergrund des Diktats von Profitkalkül und Ökonomie, nicht „lohnt“ wird ausgemustert und für „überzählig“ erklärt.

Der zweite Befund ist tatsächlich noch beunruhigender: Im Zuge der Ökonomisierung aller Lebensbereiche habe sich eine "Monokultur des Effizienzdenkens" ausgebreitet. „Darin werden alle persönlichen Beziehungen, alle Eigenheiten und Besonderheiten der in den Arbeitsprozess Involvierten als Störung wahrgenommen und ausgeschaltet. Ideal ist ein Arbeitsprozess, der wie am Schnürchen läuft, verfahrensförmig, progammierbar, vorhersehbar, durchorganisert.“ (S.15) Aus eigener Beratererfahrung kann ich zustimmen, dass Gronemeyer das auch (und sogar) in Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen usw. und damit für die Gesamtheit der sog. „Sozialprofitunternehmungen“ als eine Form „monokultureller Verwüstung“ vorfindet. Gebraucht wird überall der „funktionale Mensch“, nicht mehr und auch nicht weniger.

Drittens produziere professionelle Arbeit immer mehr Waren und Dienstleistungen, die die Menschen zu "hilflosen, abhängigen und entmündigten Konsumenten" (S.15) machten. Arbeit diene nicht mehr der Herstellung dessen, was gebraucht werde. Sie produziert zunehmend, was nicht gebraucht wird, um diese Abhängigkeit aufrechtzuerhalten und zu steigern. „Auf doppelte Weise werden die Arbeitenden durch ihre Arbeit depotenziert: Während der Arbeit fungieren sie nur mehr als Verfahrensanhängsel. Und als Konsumenten werden sie von ihren Tunsmöglichkeiten und ihrer Zuständigkeit für ihre eigenen Angelegenheiten abgeschnitten.“ (S.15f)

Der Hinweis von Gronemeyer auf die Vielen, die den Arbeitsanforderungen nicht mehr gewachsen sind und mit der Diagnose „Burn Out“ bedacht werden, formuliert ein Dilemma, das mich als Berater und Psychotherapeut immer wieder in erhebliche Schwierigkeiten bringt, indem bei der konkreten Reflexion von persönlichen Arbeitsschicksalen recht schnell offensichtlich wird, dass es „allemal einfacher (ist), die Menschen für krank zu erklären als die Arbeitsverhältnisse. Aber sind (...) diejenigen,“ so die von Gronemeyer aufgeworfene Frage, „die unter krankmachenden Zumutungen schlappmachen, (nicht) gesünder’ als die, die immer noch mithalten?“ (S.16)

Nicht übersehen werden sollte bei dieser Aufzählung von unerfreulichen Befunden, dass die moderne Arbeitswelt mit der unwiederbringlichen Ausbeutung von Naturbeständen einhergeht. Die Arbeit mithilfe von "Werkzeugen" sei abgelöst worden durch "anonyme Apparaturen", die immer mehr Waren ausstießen und immer höhere Müllhalden produzierten. Das handwerkliche und bäuerliche Tätigsein, in dem direkte Auseinandersetzung mit Welt stattgefunden habe, sei verloren gegangen. Angesichts der ökologischen Verwüstungen mahnt Gronemeyer dazu, "Boden gutzumachen". Wichtige Kriterien für "gute Arbeit" seien daher "Brauchbarkeit" und "Haltbarkeit".

Aber bevor die Autorin auch einige Lösungsansätze skizziert, wird uns noch eine „kleine Phänomenologie des Arbeitens“ vorgeführt, in der auf mehreren Seiten versucht wird, das (intransitive) Verb „arbeiten“ mit den verschiedensten Präpositionen oder Präfixen zu „liieren“ - ein Versuch, der verblüffende Vielfalt zu Tage bringt – um solcherart das Wesen der „Arbeit“ durch die Gründlichkeit der Analyse von Wortverwendungen in der deutschen Sprache zu erhellen.

Da sind dann Definitionen zu finden in Hinsicht auf die Bedeutungen von „bearbeiten“, „verarbeiten“, „vorarbeiten“, „umarbeiten“, „etwas aufarbeiten“ oder „erarbeiten“, von „ausarbeiten“ und „einarbeiten“ ist hier die Rede, von „über-„ oder „zuarbeiten“ bis zu „an sich arbeiten“ und, was ich besonders interessant fand, auch einige Hinweise auf die Verwendung des Begriffs „mitarbeiten“. Gerade dieses Verb, weist auf eine Grundfrage der menschlichen Arbeit hin, dass ein einzelner Mensch nur im extremen Sonderfällen und nur vorübergehend allein sein Auskommen finden kann. „Selbst Robinson Crusoe, der uns ja als der Inbegriff des Menschen gilt, der sich in extremis zu helfen weiß, konnte nur überleben, weil er sich vieler Produkte von anderer Menschen Arbeit bedienen konnte. Alles, was er aus dem sinkenden Schiff zu retten vermochte, verdankte er der getanen Arbeit fremder Helfer.“ (S.33) Ein weiterer Bedeutungsaspekt der Vorsilbe „mit“ verdeutlicht einen besonders gewichtigen Umstand: Menschen, die miteinander arbeiten, sind einander insofern ebenbürtig, als sie zu einem gemeinsamen Werk Verschiedenes beitragen, je nachdem, welches Talent und welche Fähigkeiten jemand zu geben hat. Diese Unterschiedlichkeit begründet keineswegs naturgemäß eine Hierarchie, denn wenn alle Beiträge zu Erfüllung einer Aufgabe unverzichtbar sind, dann ist keine Arbeit höherwertiger als eine andere. „In einem Mitarbeiterverhältnis gilt daher nicht das Prinzip der Konkurrenz, sondern das der Komplementarität.

Will sagen: ein Mitarbeiter ist kein Untergebener. Diese von der Sprachlogik aufgenötigte Schlussfolgerung wurde durch unseren Sprachgebrauch ins Gegenteil verkehrt. (...) Angehörige eines Betriebs (...) werden als ‚Mitarbeiterinnen’ und „Mitarbeiter’ tituliert ohne Rücksicht auf ihren Rang, ihre Stellung in der Betriebshierarchie und ihre höchst unterschiedliche Entlohnung. Der Begriff des ‚Mitarbeiters’ ist vorzüglich geeignet, gerade diese hierarchische Stufung der Betriebsbelegschaft zu verdunkeln. (...) Der ‚Mitarbeiter’ ist nach modernem Sprachgefühl eher ein weisungsgebundener Untercharge als ein gleichrangiger und gleichverantwortlicher Teilnehmer und Teilgeber am Arbeitsgeschehen.“ (S.33ff)

Als eine Conclusio ihrer „phänomenologischen“ Betrachtungen, die auch den Boden aufbereitet für die weiteren Analysen, hält Gronemeyer dann, nach teilweise schon auch etwas mühsam zu lesenden Wortklaubereien, fest:

„Die unglaubliche Vielfalt des Arbeitens ist wahrlich ein Grund, mit Ehrfurcht von der menschlichen Arbeit zu sprechen und in ihr eine wohltätige Mitgift für unser Dasein zu sehen. Da sie aber so viel bewirken kann, müssen wir auch ihre Schattenseite fürchten. Sie kann auch zugrunde richten, ruinieren, verderben und vernichten, sie kann Menschen entzweien, gegeneinander aufbringen und deren Lebensgrundlagen zerstören, und sie tut das alles heute in großem Stil.“ (S.43)

Einer der Gründe dafür, ist in dem Umstand zu finden, dass die Arbeit, mit der wir heute zu tun haben, nur mehr als ein kläglicher Restbestand von dem zu sehen sei, was menschliches Wirken in seiner unerschöpflichen Vielfalt eigentlich und ursprünglich sein könnte. Es werde nur mehr danach beurteilt, was durch die Arbeit „herausgekommen“ ist und nicht mehr davon gesprochen, „was wir gemacht haben und wie wir es gemacht haben“ Das Urteil darüber was wir gemacht haben, „orientiert sich obendrein vornehmlich an der Marktgängigkeit und nicht an der Brauchbarkeit dessen, was produziert wurde. Gut ist, was reißenden Absatz findet und womit sich viel verdienen lässt“ (S.46f) und damit wird klar, dass alle Arbeit, die das sogenannte Wachstum befördert, anstandslos ein Gütesiegel verpasst bekommt.

Bei den daran anknüpfenden Versuchen, sich endlich auch der Frage zu nähern, nach welchen Kriterien „gute“ Arbeit zu definieren sein könnte, und nicht weniger wird ja implizit durch den Untertitel des Buches versprochen, widmet sich Gronemeyer vorerst noch der Frage, was denn eigentlich die „Quellen der Arbeit seien. Nach der Feststellung, dass „Arbeit (...) angewiesen (sei) auf eine Fülle von Gegebenheiten und Vorfindlichkeiten, denen sie ihr Zustandekommen und ihr Gelingen – oder ihr Scheitern – verdankt“ (S.48), finden sich diese Aspekte als eine Aufzählung von zehn Kriterien, entlang derer dann auch beurteilt werden könnte, ob eine bestimmte Arbeit „gut“ sei.

10 Kriterien "guter" Arbeit

  1. Die Eigenheiten unserer Spezies werden hier zuerst genannt, die uns vom Tier unterscheiden und uns die Fähigkeit verliehen haben, unsere Welt und uns selbst durch Arbeit zu verändern.
  2. Das kulturelle Erbe, das uns hinterlassen wurde, indem „jede erdenkliche Arbeit (...) ja kein Beginn (ist), sondern eine Fortsetzung all jener Arbeit, die schon geleistet wurde und deren Früchte auf uns gekommen sind.“ (S. 49) Hier ist noch der Hinweis wesentlich, dass dieses Erbe sowohl Anlass zu Dankbarkeit, als auch zu „Furcht und Zittern“ gäbe. Ein Umstand der die Bedeutung von Überlegungen darüber, was „gute Arbeit“ sein könnte nochmals unterstreicht, denn „je größer (...) die Schatten sind, die die fatalen Fehlentscheidungen der Vergangenheit auf unsere Gegenwart und Zukunft werfen, desto dringender ist die Erkundung der trotz alledem verbliebenen Grundlagen guter Arbeit geboten, um vielleicht sogar einen Teil der angerichteten Schäden wiedergutzumachen.“ (S.49)
  3. 3. Als ein Teil der kulturellen Hinterlassenschaft wird drittens dann, die Sprache genannt. „Ihr verdanken wir, dass wir uns überhaupt etwas ‚in den Kopf setzen’ können, dass wir uns etwas vornehmen und uns Ziele geben können, dass wir die Erfahrungen anderer aneignen und unsere eigenen Erfahrungen weitergeben können, dass wir etwas in Erinnerung rufen können, dass wir uns Urteile bilden können, dass wir uns einen Begriff von einer Sache machen und uns bis in die Tiefe unserer Seele von ihr ergreifen lassen.
  4. Ein weiterer Aspekte des kulturellen Erbes in Hinsicht auf die Arbeit, ist in den Werkzeugen gefunden, die uns die Arbeit erleichtern oder überhaupt erst möglich gemacht haben. Gerade diesem Aspekt widmet Gronemeyer in ihren späteren Ausführungen breiten Raum, indem sie uns aufmerksam macht, welche Effekte sich einstellen, wenn zunehmend die „Werkzeuge“ so intelligent werden, dass sie den Benutzer von der Notwendigkeit „befreien“ eigene Intelligenz in der jeweiligen Hinsicht zu entwickeln.
  5. Als nächsten Aspekt nennt die Autorin die Notwendigkeit individuell zu lernen (und weist damit auf die Erfahrungsgeschichte der Menschheit noch hinaus). „Arbeit beruht auf der Tradierung und Ingebrauchnahme von Erfahrung, Kenntnissen, Könnerschaften und Bedeutungen. Sie ist auf die Kooperation der Generationen angewiesen.“ (S.50) Diese allerdings wäre, wenn nicht auf individuelle Weise eine persönliche Aneignung stattfinden würde, nichtssagend und bedeutungslos.
  6. Eine weitere Vorgabe, die der Arbeit vorgängig ist, sind die jeweiligen Gütemaßstäbe, die keine Frage des persönlichen Geschmacks seien, sondern über Generationen hin durch Bewährung und Übereinkunft entstehen. „Sie haben (...) eine gewisse objektive, wenn auch jeweilige und vorläufige Gültigkeit und sind der Willkür des Einzelnen entzogen.“ (S.51)
  7. Jede Arbeit, die gut gemacht sein soll, setzt beim Schaffenden den Wunsch oder zumindest die Bereitschaft voraus, gut und hart zu arbeiten. Daraus ergeben sich wohlbekannte Fragen: Woher kommt diese Bereitschaft? „Wie wurde sie erworben und wie wird sie am Leben gehalten gegen alle Widrigkeiten, Enttäuschungen, Frustrationen und Lustlosigkeiten, die sich im Laufe eines Arbeitslebens einstellen mögen? Auch dies also eine Kraftquelle, aus der Arbeit sich nährt. Wir nennen sie ‚Motivation’ und stellen uns darunter etwas vor, was hergestellt werden muss, was man jemandem aufpfropfen muss, damit er dann motiviert ist.“ Aber, so eine kritische Frage der Autorin, deren Beantwortungsversuche das gesamte vorliegende Buch füllen, „verbirgt sich dahinter nicht bereits eine pervertierte Vorstellung von den Beweggründen der Arbeit?“ (S.51f)
  8. Arbeit ist immer kooperativ und relational und nie, das zeigte schon das Beispiel von Robinson Crusoe, im Alleingang möglich, selbst dann nicht, wenn wir ganz alleine vor einer Aufgabe stehen. Die Fragen, die sich hier erheben und ein weiteres Mal schon andeuten, entlang welcher Kriterien gute Arbeit definierbar sein könnte, lauten: „Wie entsteht dieses Miteinander und wie kann es über Generationen hin erhalten werden? Wie kann der Zerfall dieses Zusammenhangs verhindert werden?“ (S.52)
  9. „Schließlich (...) braucht Arbeit auch noch diejenigen, die Nutzen aus ihr ziehen, um derentwillen sie überhaupt getan wurde, die das, was sie hervorbringt, als ihren Lebensunterhalt froh und dankbar annehmen und es angemessen verbrauchen oder gebrauchen. (...)
  10. Und zu guter Letzt oder zuallererst braucht es (...) die Gaben der Natur, die der Arbeit ihr Material, ihre Stoffe und ihre treibenden Kräfte zur Verfügung stellt.“ (S.52)

Damit, so das Resümee nach dieser reflektierten Aufzählung der Quellen der Arbeit, die alle von gleicher Bedeutung und Unerlässlichkeit seien und also in keinerlei Hierarchie der Wichtigkeit zueinander stünden, sind Aspekte genannt, die darüber zu befinden hätten, ob das ihnen Gemäße in der jeweiligen Arbeit befördert wurde. Der Ruin dieser Fülle an Gegebenheiten könnte fatale Folgen haben und schlösse als „Chor“, den es zu hören gelte, sogar die Stimmen der Toten und der Nachkommen ein. „Denn sie sind affiziert von den Folgen unserer Arbeit. Es ist für das Gedenken der Toten ja nicht gleichgültig, wie wir mit ihrer Hinterlassenschaft umgehen, ob wir sie zum alten Eisen werfen oder sie auf unserem Weg in die Zukunft mitnehmen. Und die Freiheit der Nachkommen hängt davon ab, ob wir ihnen Spielraum für eigene Vorstellungen, Entwürfe und Wahlen lassen oder ob wir ihnen mit unserer Arbeit die Luft zum Atmen abschnüren und sie an die Kandare der von uns produzierten Sachzwänge legen.“ (S.52f)

 

Peter Frenzel, www.tao.co.at


Marianne Gronemeyer: Wer arbeitet sündigt... Ein Plädoyer für gute Arbeit. Darmstadt (Primus), 2012 (ISBN 978-3-534-23964-1)

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